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Sachsen i.A. und "Das Sächsische" im Besonderen

Begonnen von Cecilie, 28.08.2015 14:55

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Cecilie

Vorab: Mit dem altgermanischen Stamm teilen wir uns aufgrund wechselnder herrschaftlicher Verhältnisse nur den Namen. Im Übrigen wurde unser Territorium in der Mitte des ersten Jahrtausends n. Chr. im Westen von anderen germanischen Stämmen wie z. B. den Thüringern und im Osten von Slawen, insbesondere den Sorben, beherrscht.

So geht z. B. der Name Dresden auf das obersorbische drežďany, zurück, was so viel wie ,,Sumpf-,, oder ,,Auwaldbewohner" heißt.

Die Intelligenzbestien, die schon mal zweisprachige Ortsschilder in sorbischem Stammland übersprayen, weisen also zumindest in diesem Punkt nicht unerhebliche Wissenslücken auf.

Wir haben hier drei eigenständige Sprachen:

-   Deutsch in mannigfaltiger Ausprägung
-   das dem Slowakischen ähnliche Obersorbisch (Raum Bautzen – Kamenz – Hoyerswerda, Oberlausitz)
-   das dem Polnischen (?) ähnlichere Niedersorbisch (Nordsachsen/Niederlausitz)

sowie gleich mehrere Mundarten bzw. Dialekte.

Das Vogtländische (bekannteste neuzeitliche Vertreterin möglicherweise Stefanie Hertel)
Die Vogtländer haben es nicht einfach, denn ihr Territorium erstreckt sich zwischen Gera, Greiz, Plauen und Hof gleich über 3 Bundesländer: Thüringen, Sachsen und Bayern.
Ob sie selbst das besonders schwer- oder eher gleichmütig aufnehmen, dazu müsste sich bitte mal ein echter Vogtländer äußern.
Den Vogtländern verdanken wir die Plauener Spitze, einen Speedway mit Tradition, vogtländische grüne Klöße und noch ein paar mehr Dinge, die mir nur gerade nicht einfallen.

Das Erzgebirgische:
Das Erzgebirgische (von Zwickau über Freiberg bis zum Rand des Elbsandsteingebirges) ist für normale Sachsen nur schwer zu verstehen.
Wer das nicht glauben will, kann ja mal versuchen, die folgenden Zeilen eines der bekanntesten Heimatlieder zu übersetzen:

Kann schinn'rn Baam gippt's, wie dann Vuglbärbaam,
Vuglbärbaam, ann Vuglbärbaam.
As wärd a su lächt nett ann schinn'rn Baam gahm,
schinn'rn Baam gahm, ei ja. ....

Von den Erzgebirgern haben wir insbesondere alles Weihnachtliche mit Ausnahme der Weihnachtsbaumkugeln aus Glas. Und das namensgebende Erz, aber das ist nun wirklich schon lange vorbei.

Das Oberlausitzerische:
(Pulsnitz, Zittau, Görlitz, Weiswasser, HoyWoy, soweit in Sachsen belegen)
Was die Sachsen überhaupt nicht können, haben die Oberlausitzer ihnen voraus: Ein sehr kräftiges rollendes R. Man stelle sich einmal das Wort Wirrwarr gesprochen vor.
Die Oberlausitz hatte einmal eine Textilindustrie und Landmaschinenbau aufzuweisen. Heute ist sie unter anderem für ihre Umgebindehäuser und eben ihre Zweisprachigkeit bekannt.

Last but not least: Das Sächsische an sich.

Das Sächsische an sich gibt es nicht. Während die Leipziger in unseren Ohren zu singen scheinen und die Chemnitzer (Rußchamtz) wieder ganz anders unbeschreiblich sprechen, sprechen wir Dresdner vornehmes Hofsächsisch.

Es ist nicht wahr, dass wir zu ,,Kabel" ,,Gabel" sagen. Aber ich sage schon mal "nee" und ,,keene" statt ,,keine" oder ,,einkoofen" statt ,,einkaufen", wenn ich nicht wirklich darauf achte – meine Eltern beklagen den allmählichen Verfall meiner Sprache zurecht. Und vor allen Dingen gebrauchen wir gern und häufig das Wörtchen ,,nu", wenn wir ,,ja" meinen. Oder eben ,,ja", ganz wie wir drauf sind.

to be continued ...

Cecilie

Das Hackfleischbällchen oder Fleisch"pflanzerl" heißt bei uns – mit regionalen Abstrichen – Beefsteak. Die Zutaten hierfür kaufen wir, wenn nicht gleich im Supermarkt, dann beim Fleischer.

Pfannkuchen sind bei uns das ,,schwimmend in Fett ausgebackene Siedegebäck aus süßem Hefeteig mit einer Füllung aus Konfitüre", anschließend noch in Zucker gewälzt. Also das, wozu man andernorts Berliner (Pfannkuchen) sagt. Weil Krapfen noch krosser gebacken sind und grundsätzlich ohne Füllung angeboten werden.

Dagegen heißen ,,Pfannkuchen" bei uns richtigerweise Eierkuchen und sind dicker als Crepes.

Der Feldsalat wird bei uns ebenso wie in Thüringen auch schon mal Rapunzelsalat genannt, was wissenschaftlichen Quellen zufolge nicht zwingend auf das Grimmsche Märchen zurückgehen muss.

Der nur noch wenig gebräuchliche Putzlappen für den Boden ist der Scheuerlappen oder gleich der Hader.

Nachdem wir zur Arbeit gegangen sind, befinden wir uns auf der Arbeit(sstelle).

Zu Weihnachten und zu Silvester haben wir meist etwas Größeres vor.

Wir verstehen, was Ihr meint, wenn Ihr ,,viertel vor" oder ,,viertel nach" sagt; schließlich hatten wir Englischunterricht. Dagegen schauen wir in ratlose Gesichter, wenn wir versuchen, uns mit Euch für Viertel oder Dreiviertel zu verabreden.

Zum Mitschreiben:
Viertel elf ist 10:15 Uhr. Dreiviertel elf ist demnach richtigerweise 10:45 Uhr. War das denn jetzt so schwer?

Hallorenkugelin

Ein Lächeln bereichert den, der es erhält, ohne den, der es schenkt, ärmer zu machen.

Hallorenkugelin

Ein Lächeln bereichert den, der es erhält, ohne den, der es schenkt, ärmer zu machen.

De Wolf

Ei iss dann schun Midda (Mittag)? Ich krie uff eemol so e Hunger!  :essen:

Ohne Scherz: Super Präsentation!  :up:
It's gotta be purrfect!

Can-El

Super! Jetzt bin ich orientiert.

Aber noch was zu Rapunzel: Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, geht das Märchen umgekehrt auf den Salat zurück. Das später im Turm gefangene Mädchen wurde nämlich danach benannt.

starker Mann

Klasse Zusammenfassung!

Ist ja echt ein Mulltikultihaufen!
Interessante linguistische Anlehnungen an etwas, das mich entfernt an Klingonisch erinnert.  :))
Allerdings: ein Beefsteak bleibt für mich weiterhin ne signifikannte Scheibe aus der Kuh und ist nicht mit ner Frikadelle zu verwechseln.
Die lustigen Zeitangaben macht meine österreichische Sippe auch. Ist auch total logisch, wenn man sich mal "halb elf" 10:30 anschaut.  :-\

Beim Thema "Essen" springe ich sofort an. Was gibt's denn so an lecker Spezialitäten? *schleck*


Hinter jeder erfolgreichen Frau
steht ein starker Mann...

Cecilie

Zitat von: starker Mann am 29.08.2015 13:08...
Beim Thema "Essen" springe ich sofort an. Was gibt's denn so an lecker Spezialitäten? *schleck*

Da fragst Du die Falsche.

Es gibt eine Reihe von Sachen, die super gut schmecken, aber aus Zeiten stammen, wo man noch mehr körperlich gearbeitet und sich daher mehr bewegt hat: Dresdner Stollen, Eierschecke, Quarkkäulchen etc.

Es gibt wohl eine sächsische und eine Dresdner Variante von Sauerbraten. Am Liebsten mit Klößen und Rotkraut.

Ich kann nur bedingt kochen; gern koche ich Kartoffelsuppe nur aus Kartoffeln und reichlich Suppengrün sowie Hühnersuppe.

Karpfen blau rules.

Von meiner Oma habe ich ein eigenwilliges Rezept für Gans (nur mit Salz und Beifuß) geerbt. Besagte Grüne Klöße sind nicht nur aufwendig, sondern auch noch richtig schwer zu machen. Ähnlich wie bei den Thüringern bestehen sie zu 1/3 aus zerstampften gekochten und zu 2/3 aus rohen, sehr fein geriebenen und anschließend extrem ausgepressten Kartoffeln. Früher haben wir die Masse in einen Kopfkissenbezug gesteckt und auch schon mal mit der Wäscheschleuder geschleudert. Macht kaum noch jemand mit der Hand.


die litte

Ein ganz wunderbarer Überblick, Cecilie. Kann ich in allem nur zustimmen. Eine Anmerkung möchte ich zum Beefsteak machen. Da ja viele hier in Sachsen des Englischen nicht so mächtig waren, wurde das natürlich auch nicht korrekt ausgesprochen sondern es hieß Befsteck, bei einigen auch heute noch. Und es war ein Standardgericht in den Betriebsküchen, meistens stand es auch so auf dem Speiseplan, Befsteck mit Mischgemüse und Kartoffeln gab es fast überall einmal in der Woche.

Im Erzgebirge gibt es ein traditionelles Kartoffelpuffergericht, das dort "Griene Keilchen" oder auch Klitscher heißt, herzhaft zubereitet aus rohen geriebenen Kartoffeln mit Quark und ursprünglich in Leinöl gebacken, so dass das ganze Haus danach roch. Dazu gehört auch noch der Buttermilchgötzen, ebenfalls wieder aus rohen geriebenen Kartoffeln, eine Art Auflauf, der stundenlang in der Röhre vor sich hin brutzeln konnte. Alles sehr aufwendig.   
 

Und DANKE Cecilie dafür, dass du die Kabelsache richtig gestellt hast. War doch etwas verwunderlich.

Abdou

Bin zwar in Baden-Würrtemberg geboren. Komme aber eigentlich aus Vogtland.

Cecilie

#10
In den jetzigen Tagen wird manch einem unserer Ureinwohner, durchaus nicht anlasslos, eine gewisse Tumbheit attestiert. Bedauerlicherweise neigen wiederum andere Zeitgenossen dazu, möglichst viele Sachsen über eben diesen Kamm zu scheren.

Dass letzteres ungerecht und ungerechtfertigt ist, soll der nachfolgende Post aufzeigen, in welchem ich einige bedeutende Erfindungen der Neuzeit aufgelistet habe, welche von oder in Sachsen gemacht wurden.

(Es gäbe noch viel mehr zu berichten. Typischerweise schien es jedoch Ende des 18. sowie im 19. Jahrhundert so gewesen zu sein, dass gleichzeitig an mehreren Orten der Welt an denselben Erfindungen getüftelt wurde. Diese wurden unabhängig voneinander und nur um wenige Monate auseinander bekannt und waren daher entweder nicht eindeutig zuordenbar oder wurden kurzerhand demjenigen zugerechnet, der zuerst damit herauskam.)

So wurde die allererste Tageszeitung der Neuzeit 1650 in Leipzig herausgegeben.

Der Alchemist (und Naturforscher) Johann Friedrich Böttger konnte angeblich silberne Münzen in goldene umwandeln. Das rief sowohl den preußischen als auch den sächsischen Monarchen (August der Starke) auf den Plan, die sich fortan um den jungen Mann stritten. August obsiegte, indem er Böttger kurzerhand entführen ließ und unter Schutzhaft stellte.

Es lag in der Natur der Sache, dass aus der Herstellung von Gold nichts wurde. Also begann Böttger, dem weitere Experten zur Seite gestellt wurden, mit Keramik zu experimentieren. Dass bei Meißen Kaolin zu finden war, ein wichtiger Ausgangsstoff bei der Herstellung von europäischem Porzellan, war der Sache sehr zuträglich.

So entstanden zunächst marmorierte Fliesen und das sog. Rote Böttgersteinzeug, ein Feinsteinzeug, das heutzutage Grundlage der Herstellung von Feinsteinzeug-Fliesen ist. 1708/1709 wurde durch Böttger und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus erstmals europäisches Porzellan hergestellt.

Milchschokolade wurde - noch vor den Schweizern! - erstmals 1839 in Dresden in der Firma Jordan & Timaeus hergestellt.

Karl August Lingner schenkte der Welt das Mundwasser Odol (1892, Dresden), den Dresdnern das mittlere von den drei Elbschlössern sowie das Deutsche Hygiene-Museum.

Aus Löschpapier und einer am Boden durchlöcherten Konservendose baute Melitta Bentz 1908 in Dresden den weltweit ersten Einweg-Kaffeefilter.

(Ich sehe gerade, dass der Post unbeabsichtigt Dresden-lastig geworden ist. Ihr Leipziger, Chemnitzer usw. dürftet an dieser Stelle gern übernehmen, so Ihr wollt.)

Quelle: diverse Wikipedia-Artikel

La-Ko

Wir kenne uns ja schon, das ist ein toller Beitrag. Sehr interessante Begegnung mit der Ostdeutschen Kultur.Von mir ein   Like it. :up:

Natascha-72

Das meist benutzte Wort an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze hieß ' Gänsefleisch'......Gänsefleisch mo dä Gofferraum offmachn?'


Willi_Winzig

Natascha, gleich werden sie über Dich herfallen und sagen, das seien die Thüringer und nicht die Sachsen gewesen.

Cecilie


blackvanillax

#15
Wunderschöne Beiträge. Als Sachse aus Chemnitz lacht mir das Herz. Zur Mehrung der Bekanntheit unseres schönen Bundeslandes noch ein paar (be)merkenswerte Sach(s)en:

In Sachsen gibt es 3 Großstädte. Dresden, Leipzig und Chemnitz. Früher gab es einen Spruch, der ungefähr so ging:

In Chemnitz (das sächsische Manchester) wird es (das Geld) erarbeitet, in Leipzig gehandelt und in Dresden (Elbflorenz) verprasst. Daran hat sich gar nicht mal so viel geändert. :D

Aus Herrnhut, gelegen zwischen Bautzen und Zittau, stammen die berühmten Adventssterne und die Herrnhuter Brüdergemeine.

In Freiberg i.S. befindet sich die älteste noch existierende montanwissenschaftliche Bildungseinrichtung der Welt. Dort wurden zwei Elemente entdeckt: Indium und Germanium.

Noch ein paar bekannte Sachsen:

Erich Kästner (1899-1974)
Von ihm stammt das schöne Zitat:

"Ich bin ein Deutscher aus Dresden in Sachsen.
Mich läßt die Heimat nicht fort.
Ich bin wie ein Baum, der – in Deutschland gewachsen –
wenn's sein muss, in Deutschland verdorrt."

Kästner war der einzige Autor, der der Verbrennung seiner Bücher im Mai 1933 selbst zusah. Der durchaus möglichen Emigration verweigerte er sich vor allem auf Grund der engen Bindung zu seiner Mutter. Eine (aber hoffentlich nicht die einzige) Kästner-relevante QD Frage ist die nach dem "Fabian". Ein ebenso wunderschönes wie trauriges Buch.

Lessing wurde in Kamenz geboren. Ebenso Georg Baselitz.

Stefan Heym stammte aus Chemnitz. In Chemnitz steht auch der sogenannte "Nischel". Die zweitgrößte Porträtbüste der Welt, geschaffen von Lew Kerbel.

to be continued
Dum spiro spero

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"Es gibt immer jemanden, der besser ist als man selbst. Das darf einen aber nicht bedrücken."

Hallorenkugelin

#16
Alles prima, nur Herrnhuter Stern bitte bitte ohne das zweite e. Hat nix mit dem männlichen Geschlecht zu tun und man outet sich als Nicht-Wissender (was Du definitiv nicht bist)...  :winke:
Ein Lächeln bereichert den, der es erhält, ohne den, der es schenkt, ärmer zu machen.

blackvanillax

Zitat von: Hallorenkugelin am 05.02.2016 09:31
Alles prima, nur Herrnhuter Stern bitte bitte ohne das zweite e. Hat nix mit dem männlichen Geschlecht zu tun und man outet sich als Nicht-Wissender (was Du definitiv nicht bist)...  :winke:

Da fährt man jedes Jahr mehrfach durch diesen schönen Ort und dann so ein Fehler.
Danke für den Hinweis, ist korrigiert. :-)
Dum spiro spero

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"Es gibt immer jemanden, der besser ist als man selbst. Das darf einen aber nicht bedrücken."

pongiste52


blackvanillax

Zitat von: pongiste52 am 05.02.2016 10:31
....noch nicht ganz  (2.Herrenhuter)

Fiel mir offenbar auf, als du gerade schriebst und wurde umgehend ebenfalls korrigiert.  :winke:
Dum spiro spero

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"Es gibt immer jemanden, der besser ist als man selbst. Das darf einen aber nicht bedrücken."

De Wolf

Aus aktuellem Anlass verweise ich auf mein Motto zum Thema Perfektion!

Und sage Euch Dank für diese tollen Ergänzungen. Wenn schon dann richtig!

Gell. Cecilie? Hann se toll gemacht!  :up:
It's gotta be purrfect!

blackvanillax

Weil es so schön ist, noch ein paar zusammengewürfelte Fakten zur sächsischen Geschichte, die mir auf ein oder andere Weise schon in QD Fragen begegnet sind.

Eine der bekanntesten Figuren der sächsischen Geschichte ist mit Sicherheit August der Starke (1677-1733). Wobei hier - wie in vielen Adelshäusern - die Namensgebung in Verbindung mit den Titeln etwas verwirrend sein kann.
So war er ab 1694 als Friedrich August I. von Sachsen sächsischer Kurfürst. Dies war ihm spätestens 1697 nicht mehr genug, so dass er flux zum katholischen Glauben konvertierte und sich mit Hilfe von Bestechung zum König von Polen wählen ließ. Dort jedoch herrschte er als August II.

Cäcilie hat ja schon vor einiger Zeit einen informativen Überblick über die Aktivitäten Johann Friedrich Böttgers geschrieben. Dieser war unter anderem unfreiwilliger Gast auf der Festung Königstein. Diese Festung hatte noch zahlreiche andere prominente, aber unfreiwillige Gäste.
So waren dort Michael Bakunin (bei QD immer mal gefragter russischer Anarchist), August Bebel (kein Sachse, sondern Rheinländer und Mitbegründer der Deutschen Sozialdemokratie), Frank Wedekind (Hannoveraner und Autor des damaligen Skandalstücks "Frühlings Erwachen", inhaftiert wegen Majestätsbeleidigung) und Henri Giraud (späterer Oberbefehlshaber der freien französischen Truppen u.a. während der Operation Torch) inhaftiert.
Letzterer war einer der wenigen, denen die Flucht von der Festung Königstein gelang. Wenn man die Festungsanlage mal aus der Nähe gesehen hat, wird schnell klar, warum Giraud seine Flucht zwei Jahre lang planen musste.

Ich nehme auch gern nochmal Bezug auf Cäcilies Beitrag zu den sächsischen Erfindungen und Entdeckungen und komme gern ihrer Aufforderung nach, auch weniger Dresden-lastige zu benennen.

Der Begründer der wissenschaftlichen Mineralogie, Georgius Agricola (1494-1555), war vier Mal Bürgermeister von Chemnitz.

Der vielleicht letzte echte Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz wurde 1646 in Leipzig geboren und studierte auch dort. Alle Verdienste aufzuzählen, würde jeden Rahmen sprengen, daher nenne ich mal nur die Mitentwicklung des Binären Zahlensystems, womit er frühe Grundlagen für heutige Computer schuf. Der nach ihm benannte Leibniz-Butterkeks wurde übrigens 1891 erstmals hergestellt. (Wenn letzteres nicht absolut sinnloses Wissen ist, weiß ich auch nicht, was sinnloses Wissen ist.  ;) )

Das erste vollsynthetische Waschmittel "Fewa" wurde 1932 in der Chemnitzer Firma Böhme entwickelt, wenn auch von einem Berliner.

Der Chemnitzer Carl Friedrich Uhlig erfand um 1834 die Deutsche Konzertina, aus der später das für den Tango wichtige Bandoneon entwickelt wurde.

Später vielleicht noch mehr...




Dum spiro spero

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KleineWeisheit


blackvanillax

#23
Nu gommsch zu Gunsd, Gulduhr unn Bollidig.

Den Rest des Beitrags versuche ich mich in einigermaßen unfallfreiem Hochdeutsch und möchte - um die mundartliche Einleitung kurz zu übersetzen - noch auf Kunst, Kultur und Politik(er) aus der sächsischen Geschichte aufmerksam machen.

Dem einen oder anderen ist vielleicht die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung ein Begriff. Friedrich Naumann (Theologe und Politiker, 1860-1919) wurde in Großpösna bei Leipzig geboren, ging dort und in Meißen zur Schule. 1907 gründete er zusammen mit Hermann Muthesius (einem Thüringer) und dem belgisch-flämischen Architekten Henry van de Velde den immer noch existierenden Deutschen Werkbund. Van de Velde bekam seinen ersten Auftrag für ein Wohnhaus in Deutschland vom Chemnitzer Textilfabrikanten Herbert Eugen Esche.
Diese "Villa Esche" wurde 1902/03 erbaut, hat den Zweiten Weltkrieg überstanden, war Sitz der Sowjetischen Militärkommandantur und beherbergt heute das Henry-van-der-Velde Museum.

Nur 10 Jahre später, also 1913, begab sich in Chemnitz erneut kulturell bedeutendes, als der berühmte Tenor Richard Tauber am Theater Chemnitz sein Opern-Debüt als Tamino in Mozarts "Zauberflöte" gab. Dies wurde sicher erleichtert, da sein Vater, Anton Richard Tauber, seit 1912 Theaterdirektor in Chemnitz war (und von 1918-1930 Intendant). Der Sohn legte eine durchaus turbulente Weltkarriere hin. Auch hier noch ein Detail unnützen Wissens: In seiner Abschiedsvorstellung sang er ebenso ein Stück von Mozart; allerdings den Ottavio in "Don Giovanni". Und auch nicht in Chemnitz, sondern in Wien.

Die Künstlervereinigung "Brücke" dürfte vielen ein Begriff sein. Gegründet wurde sie am 07.06.1905 (Kleiner Ausflug in die Welt der Eselsbrücken: Gründungsdatum der "Brücke" 07-06-05 ;-) ) in Dresden von Ernst Ludwig Kirchner und den drei Sachsen Erich Heckel, Fritz Bleyl und Karl Schmidt-Rottluff. Letzterer hieß eigentlich nur ganz banal "Schmidt", Rottluff ist ein Stadtteil von Chemnitz, den er seinem Namen hinzufügte. Auch der später zur "Brücke" gestoßene Max Pechstein war als in Zwickau Geborener Sachse.
Viele Werke der "Brücke" werden heute in Chemnitz, genauer im "Museum Gunzenhauser" ausgestellt. Die Sammlung wurde von Alfred Gunzenhauser der Stadt Chemnitz zur Verfügung gestellt und hat einen geschätzten Wert von schlappen 200 Millionen Euro.

Ein Chemnitzer Politiker, der Oberbürgermeister Dr. Wilhelm André leistete hingegen, bis in unsere Zeit reichendes, rechtlich bedeutendes, in dem er 1877 gemeinsam mit Werner von Siemens den Ausschlag für das deutsche Patentrecht gab. So gilt Chemnitz auch als Wiege des Deutschen Patentrechts.

Nicht alle Informationen auf einmal, deshalb erstmal wieder Pause. :-)
Dum spiro spero

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"Es gibt immer jemanden, der besser ist als man selbst. Das darf einen aber nicht bedrücken."

De Wolf

#24
Einige Zeit vergangen seit dem letzten Beitrag.

Dann mache ich mal weiter mit der Waldschlößchenbrücke, einer 636,1 m langen  Stahlverbundkonstruktion im Elbtal bei Dresden.

Trotz des schönen Namens - und der (erhofften) Verbesserung der städtischen Verkehrslage - war sie ein umstrittenes Bauwerk, das Mitte der 1990er einen erbitterten Brückenstreit auslöste.

Das ging soweit, dass das Elbtal auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes geriet.

2009 war der prestigeträchtige Welterbetitel dann (endgültig) perdu...  :'(
It's gotta be purrfect!

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